Testsieger „Affäre“
Jede Beziehung durchläuft anfangs eine Phase der Seligkeit. Dinge, die einen sonst nerven, nimmt man im Rausch der Verliebtheit gar nicht wahr. Jeder zeigt sich von früh bis spät von seiner Schokoladenseite. Er hält seine Liebe zu Fastfood geheim, sie ihre Seifenoper-Obsession. Sie lässt die Hausstrickjacke weg, er trägt immer frische Socken.
Viele sind nach dieser ersten Euphorie förmlich süchtig. Wenn sie langsam abklingt und die rosa Brille sich entfärbt, ist nicht gleich die Liebe zu Ende. Aber wahr ist: Hier endet ein Zustand, der sich einfach nicht lange aufrechterhalten lässt. Auch der wunderbarste neue Partner rüttelt uns nur vorübergehend aus unserem Normalzustand. Falsch ist, dass es das schon war mit der Liebe. Die kann eigentlich erst mit dem Streit anfangen. Aus Mr. und Miss Perfect werden Freund und Freundin. Davor habt Ihr im anderen ein Traumbild verehrt, jetzt lernt Ihr einen Menschen mit Ecken und Kanten und mit eigenen Vorstellungen vom Leben kennen. Es wäre merkwürdig, wenn es da keine Reibung gäbe.
Ein bisschen wie Erwachsenwerden ist es, der Blase, die da beim ersten oder zweiten Streit platzt, beim Zerknallen in Zeitlupe zuzusehen. Von jetzt an trägt Euch keine Welle der Verliebtheit mehr durchs Leben. Was Ihr aus Eurer Beziehung macht, liegt bei Euch.
Miteinander reden auch ohne Streit
Nicht jedem fällt es leicht, über seine Erwartungen und Emotionen auch nur nachzudenken, geschweige denn zu reden. Mancher bekommt erst durch einen Streit Kontakt zu seinen Gefühlen. Trotzdem: Wartet nicht immer, bis Euch der Kragen platzt! Redet auch so über alles, was Euch einfällt. Seid ehrlich miteinander. Was für Vorstellungen hat der andere von einer Beziehung, welche Erlebnisse haben seine Erwartungen und Bedürfnisse geformt? Das findet man meist nur auf langen Gesprächsumwegen heraus. Je mehr entspannte Kommunikation Ihr miteinander habt, desto weniger kann Euch ein Streit anhaben.
Frauen und Männer – zwei Pole in der Partnerschaft
Für Männer und Frauen hat Kommunikation oft nicht den gleichen Stellenwert. Direkt über Gefühle und Bedürfnisse zu sprechen entspricht nicht dem Bild, das viele Männer von sich haben.
Männer merken auch nicht immer ganz so viel. Sie dümpeln oft noch zufrieden vor sich hin, wenn Frauen schon seit Tagen wissen, dass etwas nicht stimmt. Männer sind eher konfliktscheu. Selbst wenn ihnen ein Problem schon schwant, ignorieren sie es lieber so lange wie möglich und dümpeln weiter. Frauen dagegen wollen gern gleich sofort die große Aussprache.
Und das ist ganz in Ordnung so. Es reicht, wenn jeder von Euch zu schätzen weiß, was der andere in die Beziehung einbringt. Männer sind die mit der Stabilität, Frauen die mit den vielen Aussprachen.
Richtig streiten bringt die Beziehung auf die Beine
Wenn die große Aussprache in einen Streit mündet, solltet Ihr versuchen, ein paar Grenzen nicht zu überschreiten. Es hilft, den anderen auch während des Streits zu respektieren. Beschimpft und demütigt einander nicht, das wird langfristig an Eurer Beziehung nagen. Auch wenn Ihr noch so aufgebracht seid – denkt daran, dass auch der andere Anspruch auf seine Sicht der Dinge hat. Lasst einander ausreden.
Ein paar einfache Regeln aus der sogenannten gewalfreien Kommunikation können dabei helfen, besser und produktiver zu streiten:
- Sprecht an, was Euch stört (Du hast mir nichts zum Valentinstag geschenkt…), und zwar ohne zu urteilen (Du bist so gedankenlos…) oder zu verallgemeinern (Niemals bringst Du mir spontan Blumen mit…).
- Beschreibt, mit welchen Gefühlen Ihr darauf reagiert (Ich fühle mich vernachlässigt…) und welches Bedürfnis dahinter steht (Ich wünsche mir, dass Du mir Deine Liebe deutlich zeigst…)
Eigentlich keine Überraschung: Was wir dem anderen nicht mitteilen, weiß er oft einfach nicht. Lasst den anderen wissen, was er tun könnte, damit es Euch mit ihm besser geht. Das ist in diesem Fall natürlich schwierig – man kann sich nicht gut wünschen, dass der Partner morgen mal spontan Blumen mitbringt… Meist ist es aber leicht, einen ganz konkreten Lösungsvorschlag zu finden.
Auch besser Zuhören kann trainiert werden. Anstatt gleich zurückzufeuern (der Valentinstag ist kommerziell und blödsinnig…), sich lieber vergewissern, ob man den anderen richtig verstanden hat (der Valentinstag bedeutet Dir wohl sehr viel?). Wo die erste Variante einen Keil zwischen Euch treibt, führt die simple Nachfrage Euch näher zusammen. Wie so oft geht es auch hier am Ende weniger um den Valentinstag als um Eure Beziehung. Du musst Deiner Freundin im nächsten Jahr keine Herzpralinenschachtel mitbringen. Sich zu verbiegen hat in einer Beziehung wenig Sinn. Aber Du hast ihr signalisiert, dass Du ihr Bedürfnis kennst und respektierst.
Beherzigt man diese Kommunikationsregeln, kommt man sich vielleicht zunächst etwas hölzern vor. Wichtig ist dabei nicht, sich eisern an Rezepte zu halten. Wichtig ist, dass man die Gefühle und Bedürfnisse des anderen respektieren lernt. Und dass man selbst es dem anderen leichter macht, dasselbe zu tun.
Unnötigen Streit mit dem Partner vermeiden
Wenn Ihr Euch viel streitet, ist es vielleicht an der Zeit, einige Taktiken zur Streitvermeidung auszuprobieren. Fragt Euch, ob dieser Streit jetzt wirklich lohnt. Du musst nicht immer Recht haben. Du könntest Dich einfach spontan entschuldigen. Oder den anderen unerwartet entwaffnen (würde es Dich freuen, wenn wir jetzt zusammen ausgingen?).
Mit Recht wollt Ihr Euch vom anderen nicht vereinnahmen lassen und Eure Interessen verteidigen. Ihr habt unterschiedliche und berechtigte Ansprüche an Eure Beziehung. Aber den anderen loswerden wollt Ihr im Allgemeinen nicht.
Ihr seid erwachsene Menschen und nicht Eure gegenseitigen Erziehungsberechtigten. Ihr könnt den anderen nicht nach Eurem Bilde umerziehen. Er ist, wie er ist, und früher habt Ihr daran doch mal sehr viel Positives gefunden. Denkt freundliche Gedanken, anstatt einander innerlich zu grollen.
Manchmal hilft es, einen großen Schritt zurückzutreten und sich auf das zu besinnen, was einem wirklich wichtig ist. Und manchmal war ein vom Zaun gebrochener, scheinbar grundloser Streit auch einfach der Versuch, aus der Sprachlosigkeit heraus- und in ein Gespräch hineinzufinden.
Nicht in die Nörgel-Falle tappen
Es gibt Streit. Und es gibt ewige Nörgelei. Manche Paare funktionieren nur noch im Ewig-Aneinander-Herumnörgel-Modus. Da wird dem Partner zum x-ten Mal klargemacht, dass er die Waren auf dem Kassenfließband völlig falsch anordnet. Oder seinen Schal nicht richtig umbindet (das muss dann sofort öffentlich korrigiert werden).
Daran muss eine Beziehung nicht unbedingt zerbrechen. Aber wollt Ihr so wirklich die gemeinsamen Lebensjahre verbringen? Die Grenze zwischen Frozzeln und lähmender Nörgelei liegt in jeder Beziehung anders. Aber irgendwann ist sie überschritten. Wer zu tief in dieser Fahrrinne steckt, kann sich oft ohne Hilfe nicht mehr herausarbeiten. Hört damit auf, solange Ihr noch die Chance habt! Vergällt Euch nicht das Leben wegen unwichtiger Kleinigkeiten. Holt tief Luft und redet über etwas Erfreuliches. Oder gewinnt ein bisschen Abstand voneinander. Man muss auch nicht immer unbedingt gemeinsam zur Post gehen.
Streit als Beziehungsauffrischer
Wenn es richtig gewittert hat und sich danach die Wolken verziehen, kommt ein strahlend blauer Himmel zum Vorschein. Hat man sich nach dem Streit, der so ausweglos schien, dann doch wieder versöhnt, findet man einander oft seit langem mal wieder so richtig toll.
Was die Erfinder der Gewaltfreien Kommunikation nicht einrechnen konnten oder wollten: In einer Beziehung läuft nicht immer alles nach einem vernünftigen Plan. Manches Nörgelpaar ist tief miteinander verbunden. Und in manche Beziehung ist Streit fest eingeplant. Ob Ihr Euch streitet, ist letztlich nicht so wichtig. Wichtig ist, ob Ihr Euch liebt.
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JUN